Beim FC Carl Zeiss Jena ist die Fanszene weiterhin bemüht, die Südkurve im neuen Ernst-Abbe-Sportfeld zu erhalten. Dabei verkommt der Kampf trotz der Erstellung eines Gutachtens und einer professionellen Mediation immer mehr zu einem Politikum. Dabei fordert die Fanszene mittlerweile sogar den Rücktritt vom Leiter des Stadionprojektes, Martin Berger. Folgende Pressemitteilung haben dazu die Anhänger der Thüringer veröffentlicht:
Liebe Fussballwelt, liebe Unterstützer und Freunde, liebe Skeptiker,
eigentlich würden wir uns in diesen Tag gern vordergründig mit der moralischen Stärkung unserer Mannschaft, den vielen kreativen Baustellen in unserem Verein und der Vorfreude auf die Gestaltungsmöglichkeiten im neuen Ernst-Abbe-Sportfeld beschäftigen. Stattdessen verlieren wir von Tag zu Tag mehr den Glauben an die Weitsichtigkeit und Authentizität einiger entscheidender Beteiligter im Prozess der Stadionplanung. Seitdem die ersten Gedanken in den Fluren der Stadtverwaltung und der FCC-Geschäftsstelle zu einem „neuen“ Ernst-Abbe-Sportfeld gesponnen wurden, waren wir als aktive Fanszene involviert. Wir haben uns in einem jahrelangen Prozess durch argumentatives, kulturelles und finanzielles Engagement ein gewichtiges Wort erarbeitet und die Meinungen der Fans in verschiedenen Themenfeldern gebündelt und politisch eingebracht.
In der jüngeren Vergangenheit hat sich ein Schwerpunkt nicht nur zu einem Reizthema, sondern inzwischen zu einem Politikum entwickelt: SÜDKURVE BLEIBT! Eigentlich sind wir es leid, immernoch Woche für Woche und Tag für Tag politische Gespräche zu führen und nächtelang Konzepte zu schreiben. Denn es ist alles gesagt. Zum Höhepunkt der Diskussionen haben sich in einer professionell geführten Mediation im Frühjahr alle Interessenträger zum Erhalt der SÜDKURVE bekannt und im Kern soziokulturelle Aspekte gegenüber infrastrukturellen Nachteilen abgewogen. Im Abschlussbericht des Mediators Helmut Spahn heißt es wörtlich: „Die in der Gesamtschau signifikanten sicherheitsrelevanten Vorteile für die Stadt Jena, den Verein FC Carl Zeiss Jena, die aktive Fanszene und die Polizei/BOS überwiegen bei weitem die noch im Raume stehenden kleinen Restrisiken, die aber jedem Konzept innewohnen.“. Herr Spahn beschreibt in diesem Satz den zentralen Lösungsansatz, der dieser Tag heimlich, still und leise unter den Tisch gekehrt werden soll. Erst Mitte des vergangenen Monats haben wir nochmals alle Karten auf den Tisch gelegt und die Verantwortlichen dazu aufgerufen, endlich zu ihrem Wort zu stehen und sich von einer unterschwelligen Stigmatisierung der aktiven FCC-Anhängerschaft zu verabschieden.
Zuletzt wurden die Beteiligten in Jena und Erfurt mit einer „schwierigen Aktenlage“ konfrontiert, welche durch eine neuerliche Stellungnahme der Landespolizei erzeugt wurde. Vom Mediationsergebnis bzw. dessen Inhalt will plötzlich bei den Entscheidungsträgern Niemand mehr etwas wissen. Stattdessen wird das Ergebnis ohne Not ignoriert und vom Projektstab mit eben dieser Aktenlage komplett vom Tisch gewischt. Während, ob dieser Vorgänge bzw. deren Stil, anderswo längst Personenschutz notwendig wäre, entsenden die Fans weiterhin ihre Botschafter in die Gesprächs- und Diskussionsrunden und fühlen sich inzwischen hintergangen. Inhaltlich versteckt sich nun die Projektleitung um Herrn Martin Berger hinter Forderungen der Landespolizei, welche eine Ertüchtigung des „Sportstegs“ im Paradies und der Bahnunterführung am „Felsenkeller“ fordert, um den Konzepten der Fanszene zuzustimmen. Unabhängig davon, dass wir auf Grund dessen, dass diese beiden Spots auch in der Mediation detailliert bewertet wurden, maximal irritiert sind, ergibt sich daraus keine schwarz/weiß-Situation. Auch die Stadtrats-Entscheidung, dass in der Peripherie des Stadions keine zusätzlichen, nicht direkt mit dem Stadionbau zusammenhängenden Ertüchtigungsmaßnahmen finanziert werden können, ist hier unwesentlich. Stattdessen würde eine Absichtserklärung genügen, welche eine perspektivische Bearbeitung der, seitens der Polizei eingebrachten, Spots beinhaltet. Hierzu muss man wissen, dass die bezeichnetet Brücke seitens des stadteigenen Betriebs KSJ jüngst eine Nutzbarkeitsprognose von 20 Jahren bescheinigt bekommen hat und die Erweiterung der genannten und unweit befindlichen Bahnunterführung in den Zuständigkeitsbereich der Deutschen Bahn fällt. Selbst die Polizeibehörden gehen von einer Machbarkeit des SÜDKURVE-Erhalts und der Belastbarkeit des Fanszene-Konzepts aus, fordern im gleichen Atemzug auch ein Bekenntnis der städtischen Verantwortlichen zu den Forderungen und Konzeptionen der Anhängerschaft. Selbst der neutrale Betrachter stellt hier eine händelbare Situation fest, wenn nicht der fehlende Wille wäre.
Wir haben vor wenigen Tagen notgedrungen ein eigenes Gutachten in Anbahnung gebracht, um die bürokratische Aktenlage in infrastrukturellen Fragen nachhaltig zu verbessern. Die Fanszene tut dies nicht, um die schwer erarbeiteten crowdFANding-Summen auszugeben, sondern auch das letzte – wenn auch wackelige – Argument der Infrastruktur-Seite zu beseitigen. Herr Berger hat die Vertreter der Fanszene zunächst dazu ermuntert, um in der Folge selbst bei Kostenneutralität für die Stadtkasse eine offizielle Beauftragung abzulehnen. Ein Schelm, der böses dabei denkt, eingedenk einer dann wieder möglichen – wenn auch aberwitzigen – Abwertung des Gutachtens auf Grund fehlender Neutralität.
Es potenziert sich der Eindruck, das längst nicht mehr ehrlich und klar kommuniziert, mindestens seitens der Projektleitung ein falsches Spiel gespielt wird. Beispielsweise bestätigen mehrere politische Quellen, dass Projektleiter Berger eine klare Kante seitens Landespolizei und Innenministerium im Prozess eingefordert hat, um das SÜDKURVE-Thema klar negativ zu kennzeichnen und letztlich begraben zu können. Das Ziel scheint, dadurch das für ihn unliebsame Stadionprojekt zu einem schnelleren und geräuschlosen Ende zu bringen. Von Neutralität und Ehrlichkeit ist Herr Berger hier leider sehr weit entfernt. Wir reden hier ganz klar von einem Wort- und Vertrauensbruch. Desweiteren agiert der Projektleiter dann unprofessionell, wenn der Eindruck entsteht, dass Inhalte nur gefiltert weitergegeben werden und übergeordnete Entscheidungsträger oder andere Stakeholder ein lückenhaftes Briefing erhalten. Gemessen an der vielschichtigen Bedeutung des Projektes ist ein solches Vorgehen nicht zu akzeptieren.
Die Fanszene, das Fanprojekt und die Fanbetreuung des FC Carl Zeiss Jena haben den Eindruck, dass sämtliche Gespräche mit den Fanvertretern, spätestens seit dem Mediationserfolg, einen AlibiCharakter besitzen. Mit einer neutralen Auseinandersetzung mit gewichtigen Interessenträgern hat dieser Umgang nicht im entferntesten etwas zu tun. Mit dem international renommierten Fanforscher Prof. Pilz und dem damaligen Leiter des ICSS, Helmut Spahn, welcher mittlerweile als Sicherheitschef des Weltfußballverbandes arbeitet, wurde unsererseits die größtmögliche Expertise in den Prozess eingebunden. Auch das Einlenken der Polizei und die seitens des Referatsleiters beim Innenministerium geäußerten Möglichkeiten werden missachtet bzw. deren Umsetzung nicht im Ansatz verfolgt. Kurzum: Martin Berger wäre unter diesen Umständen direkt für die daraus resultierenden und absehbaren Probleme der Abläufe im neuen Stadion verantwortlich, welche u.a. Prof. Pilz in seiner Expertise klar benennt.
Alle Stadtratsfraktionen haben der Fanszene bereits vor der Mediation zugesichert, die SÜDKURVE erhalten zu wollen und damit argumentationsstarken Bürgerwillen umzusetzen, der „Fachdienst Jugend und Bildung“ zeigt jüngst negative Folgen eines SÜDKURVE-Verlustes glasklar auf, Helmut Spahn und Referatsleiter Goltz bewerten die im Frühjahr erzielte Übereinkunft mit der Fanszene hoch und die Koordinationsstelle Fanprojekte (KOS) lädt „SÜDKURVE BLEIBT“ als best-practiceBeispiel zur Bundeskonferenz der Fanprojekte ein.
Noch ist es nicht zu spät für eine konsequente Einbeziehung einer beispiellosen und facettenreichen Bürgerbeteiligung, welche letztlich auch die Vermeidung einer sicherheitsrelevanten Dauerkontroverse und eines schwerwiegenden Attraktivitätsverlust für potentielle Stadionbetreiber beinhaltet. Wir sind an einem Punkt angekommen, der uns ungläubig auf die kommenden Wochen blicken lässt. Die Fanszene und die unzähligen aktiven Mitstreiter sind nicht verblendet oder weltfremd – hier existieren fundierte und belastbare Argumente, eigene Selbstverpflichtungskonzepte und das Bewusstsein für die Unterstützung breiter politischer, kultureller und soziologischer Kreise.
Wir fordern eine Umsetzung des argumentativ erzielten Mediationsergebnis, eine transparente Kommunikation seitens des Projektteams in sämtliche Richtungen und keine hinterhältigen Taktiken. Wir fordern den Rücktritt von Martin Berger als Leiter des Stadionprojektes!
Es kann kommen was und wer will. Nichts und Niemand nimmt uns die SÜDKURVE – aus unzähligen guten Gründen! Wer es versucht, der scheitert.
SÜDKURVE-Rat FC Carl Zeiss Jena Florian Michaelis, Fanbeauftragter FC Carl Zeiss Jena